Eigentlich sollten wir es nicht nötig haben, über Kommunikation zu sprechen, denn wir praktizieren sie ja ständig – und sind also Meister darin. Finden wir jedenfalls. Andere mögen das anders sehen: „Ich verstehe dich nicht“, ist noch der harmloseste Einwand. „Da sagst nie, was du willst“, klingt schon schärfer. „Mit dir kann man nicht reden“, könnte als bösartig aufgefasst werden. Aber wie kommt der Sinn in diese Sätze, wie erhalten sie ihre „Bedeutung“?

7+3 - Lektionen über Gemeinschaftstat

Zwischen zwei Extremen pendelt unsere alltägliche Kommunikation. Da sind auf der einen Seite die Rituale und Satzmuster, die Floskeln und voraussagbaren Antworten. Wir haben sie unzählbar oft gesagt: „Guten Tag“, „Mahlzeit“, „Wie geht es dir?“. Die Antworten fielen ähnlich aus, nämlich mehrt oder weniger so, wie wir sie erwarteten.

Der Vorteil dieser ritualisierten Kommunikation ist die Sicherheit, die wir darin erleben. Wir müssen nicht wirklich tief nachdenken, nicht sehr genau hinhören. Wir schnappen ein paar Worte auf und sind beruhigt: nichts Neues.

Treffen wir auf uns unbekannte Menschen, helfen uns die bekannten Satzmuster, die erste Unsicherheit und die Fremdheit zu überstehen. Wir reden über das Wetter und den Autoverkehr oder über die schönen Blümchen, die wir im Garten sehen. Das ist harmlos und langweilig, aber es gibt das Gefühl der Sicherheit.

Wenn wir uns freiwillig für diese Satzmuster entscheiden, ist das nicht zu bemängeln. Sie haben ihre soziale Aufgabe – mehr allerdings auch nicht. Wenn ich Glück habe, sage ich hinterher: „Das war ja ein netter Mensch.“

Möchte ich dagegen Kommunikation aktiv mitgestalten, sollte ich von meinen kommunikativen Freiheiten einen anderen Gebrauch machen. Meine Antwort erschafft den Sinn der vorausgegangenen Aussage. Ich als der Antwortende entscheide, was der andere mir gesagt hat. Das ist mehr als eine Interpretation, das ist ein kreativer Freiheitsakt, wenn man es zuspitzt. Er läuft gegen die gewohnte Zeitrichtung, er ist also antichronologisch.

Oder aus einer anderen Blickrichtung: Erst wenn du mir geantwortet hast, weiß ich, was ich dir gesagt habe, nachdem ich dir wiederum darauf geantwortet habe. Alles klar?

Kommunikation läuft gegen die Zeit in merkwürdigen Schlingen und Schleifen. Dass wir uns gelegentlich sogar auf etwas einigen können, ist eigentlich ein merkwürdiges Mysterium. Normal ist das Missverstehen – das Verstehen ist eine Glückstat.

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7+3 – Lektionen über Gemeinschaftstat. Über Kommunikation und ihre Verwandten spreche ich noch bis zum 16. April in der Galerie Eigenheim in Weimar, Karl-Liebknecht-Straße 10. Die erste Lektion fand am Eröffnungstag der Ausstellung, dem 2. April, statt. Weitere Lektionen am 3., 5., 7., 8., 12. Und 15. April jeweils um 19 Uhr. Der Eintritt ist wie auch an allen anderen Tagen frei.

Mehr über die „Galerie Eigenheim“ in Weimar und die Ausstellung findet man im Internet unter www.galerie-eigenheim.de.

Mehr Fotos vom Eröffnungstag in meinem Facebookalbum .