Vielleicht hätte ich doch den Rolls-Royce kaufen sollen. Er stand nicht weit von meinem Hotel in der Einfahrt einer Tiefgarage. Ein wenig eingestaubt, aber offenbar fahrbereit. Nur die Bremsen seien etwas schwach, mahnte ein Zettel im Inneren des Autos. Man möge also vorsichtig fahren. Verwunderlich ist das nicht, schließlich ist das Baujahr des RR Anfang der fünfziger Jahre. Da verzeiht man die eine oder andere Altersschwäche. Aber warum steht da ein Rolls-Royce? Wozu braucht man ihn? Was er wohl kostet?

Ein Auto in Dubai zu haben ist kein Nachteil. Die weitläufig angelegte Stadt ist zwar recht gut mit einer Metro und einem ziemlich gut funktionierendem Bussystem erschlossen. Doch wer nur einmal den Versuch gemacht hat, sich die Stadt per Fuß zu erobern, wird die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens verstehen. Von meinem Hotel bis zur Innenstadt sind es ungefähr 25 Kilometer. Wenn man die gesamte Ausdehnung der Stadt anschaut, kommt man auf ungefähr 65 Kilometer. Die Städte Sharjah und Ajman im Nordosten sind inzwischen mit Dubai zusammengewachsen. Die Breite variiert zwischen drei und ungefähr zehn Kilometern. Noch Fragen zum Thema Wandern in Dubai?

Also muss ein Auto her. Der Rolls-Royce könnte vielleicht die falsche Variante sein. Aber kein Problem. In der Tiefgarage selbst stehen noch drei weitere Fahrzeuge dieses Typs. Sie sollen einem Iraker gehören, sagte mir ein Security-Mitarbeiter. Aber vielleicht gehören Sie auch einem Scheich, der hier ein großes Automuseum eingerichtet hat. Egal – selbst wenn ich es kaufe, wie bekomme ich das Auto nach Gotha?

Kein Problem. Es gibt hier beste logistische Bedingungen. Als ich gestern durch Deira, den alten Stadtteil Dubais, ging, kam ich auch in den traditionellen Hafen. Dort stapeln sich Kisten, Säcke und Waren aller Art auf dem Kai und warten darauf, dass einer der Träger kommt, um sie auf eines der hölzernen Lastschiffe zu bringen. Container und Kräne sucht man vergebens. Dafür sah ich abenteuerliche Weisen, wie man sein Schiff beladen kann. Dass die Autos nicht unter der Last der Kartons in die Knie gehen, hat mich gewundert. Aber offenbar hat man Erfahrung mit dieser Art der Beladung. Ich sah das mehrmals.

Die Schiffe selbst wirken nicht wirklich vertrauenserweckend. Ihre kajütenähnlichen Aufbauten am Heck sind meistens hellblau angestrichen. Oft sieht man liebenswert bemalte Seitenteile und Verzierungen. Dass dabei die Statik der Schiffe nicht immer auf dem neuesten Stand ist, scheint niemanden zu stören. Ich weiß nicht, wohin diese mit ihrer Fracht fahren. Aber mein Eindruck vom Hafen war: Die Leute wissen alle, was sie da tun. Die handeln mit einem klaren Plan, da ist wenig Zufall im Spiel. Ich hoffe, dass dieser Eindruck nicht trügt.

Auch sonst gibt es abenteuerliche Fahrzeuge. Der Wasserbus fährt ganz entspannt über die Straße, dann biegt er auf die Rampe und fährt mit lautem Hupen und Bugwelle in den Creek, also den Wasserarm, der die beiden alten Stadtteile Dubais teilt. Danach schwimmt er flott davon.

Das vollautomatische Metrosystem hat mich begeistert. Wie von Geisterhand gelenkt kommen und gehen die Züge. Kein Schaffner, dafür aber bestens zu verstehende Durchsagen, dass der Zug komme, wie die nächste Station heißt, dass die Türen jetzt schließen. Alles auf Arabisch und Englisch.

Dubai ist eine Stadt der Bewegung, des Durchgangsverkehrs. Wer hierher aus beruflichen Gründen kommt, wird in den meisten Fällen ein, zwei oder drei Jahre bleiben, dann zieht er weiter. Dubai ist ein Karrieresprungbrett. Nur wenige übersiedeln für lange Zeit hierher. Das ist auch für die Unternehmen nicht einfach. Gute Mitarbeiter lassen sich oft nur schwer langfristig binden. Lockt irgendwo ein höheres Gehalt, wird gewechselt. Umgekehrt kann man Mitarbeitern, die nicht tun, was man will, schnell wieder kündigen. Personalentwicklung ist nicht selbstverständlich. Denn wer will schon viel Zeit und Geld in die Ausbildung von Mitarbeitern stecken, nur damit diese auf dem globalen Arbeitsmarkt bessere Chancen haben, also das Unternehmen wieder verlassen?

Für indische und pakistanische Unternehmen ist Dubai das Tor zur westlichen Welt. Von hier aus können sie ziemlich unkompliziert zu allen großen Städten der Welt Kontakt aufnehmen, dorthin fliegen und ihre Geschäfte vorbereiten. Dubai wirkt neutral. Diesen guten Ruf gilt es für die Stadt zu erhalten. Darum spielt Sicherheit eine große Rolle. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zuvor schon einmal so entspannt durch eine Stadt bewegt habe. Dabei sind die Sicherheitskräfte sehr freundlich und hilfsbereit. Man bekommt von ihnen korrekte Auskünfte, sie benehmen sich normal – und doch sind sie da.

Dubai wird seine Wichtigkeit für den arabischen Raum weiter ausbauen. Die Menschen werden weiterhin kommen und gehen. Vieles ist attraktiv. Wer im Hotel arbeitet, bekommt ein Gesamtpaket: Gehalt, Unterkunft, Essen und die Kleidung, die er beruflich benötigt: der Koch die Kochkleidung, der Kellner den Anzug. Klingt doch nicht schlecht, oder?