„Bitte nehmen Sie sich 10 Minuten Zeit für unsere Kundenbefragung.“ – „Bitte bewerten Sie unseren Service.“ – „Zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit möchten wir Sie bitten, unseren Online-Fragebogen auszufüllen. Es geht ganz schnell.“ Was soll das denn? Bin ich jetzt der unbezahlte Nachhilfelehrer für die Marketingabteilung diverser Unternehmen? Wieso mache ich eigentlich diesen Befragungsquatsch mit?

Denken wir doch mal ganz nüchtern: Wurde zum Beispiel das iPhone erfunden, weil Steve Jobs eine Kundenumfrage hatte durchführen lassen? Hat Bill Gates das Betriebssystem für Computer entwickelt, weil unzufriedene Menschen ihm Beschwerdebriefe geschrieben haben – Email gab es nämlich noch nicht? Wurde etwa die Glühbirne von Herrn Edison erfunden, weil er eine Zufriedenheitsabfrage machen ließ?

Nein!

Alle diese Erfindungen und Entwicklungen entstanden, weil es Menschen gab, die Visionäre waren. Sie hatten eine Idee von der Zukunft, die sie mitgestalten wollten. Dann bündelten sie ihre Ideen, suchten sich Mitstreiter und fingen an. Manches hatte Erfolg, vieles nicht.

Diese Visionen entstanden in Menschen, die im Leben standen, die wach waren für Fragen der Zeit, des Alltags, des Lebens. Die ihre eigenen Bedürfnisse genau anschauten, sich darüber austauschten und dann anfingen. Es waren Macher. Sie dachten selbst. Sie irrten sich, lernten aus Fehlern und strotzten vor Entscheidungslust.

Warum machen Unternehmen Umfragen? Was soll dabei eigentlich herauskommen? Klare Antwort: Nur das Durchschnittliche. Bis in den wissenschaftlichen Betrieb hinein muss alles irgendwie empirisch abgesichert werden. Keine Bachelorarbeit, die nicht einen empirischen Teil hat. Dafür werden zehn oder dreißig Freunde befragt und dann nennt sich das „statistische Auswertung“. Mit breiter Brust wird Wissenschaftlichkeit vorgetäuscht. In Wahrheit ist das nur lächerlich und völlig erkenntnisfrei.

Das Grundproblem: Doofe Fragen – doofe Antworten. Schlaue Fragen findet man aber nicht durch Befragungen. Sondern nur durch Kreativität und Intelligenz. Spürt ihr den Widerspruch?

Wer bei Befragungen aus dem Muster möglicher Antworten ausschert, fällt durchs Raster. Ich habe das ausgetestet, als ich noch bei Kundenumfragen mitmachte. Durch Zufall kannte ich technische Details, die hätten aufhorchen lassen müssen, weil ich deren Probleme ziemlich genau beschreiben konnte. Hat man bei mir nachgefragt? Nein. Hat das jemanden interessiert? Nein.

Die Umfrage dient nicht dem Unternehmen, sondern der Kundenbindung. Der befragte Kunde darf sich geschmeichelt fühlen. Man will seine Meinung wissen. Man legt Wert auf sein Urteil. Da fühle ich mich als Mensch gleich drei Stufen höher auf der sozialen Anerkennungsleiter.

Damit ist jetzt Schluss. Ich verschenke nicht mehr meine Lebenszeit an diejenigen, die keine Ideen haben, die ihre Prozesse nicht beurteilen können, die offenbar keinen gesunden Menschenverstand haben und vermutlich nicht selbst ihre Produkte benutzen. Die sollen Produkttester beschäftigen, die dafür bezahlt werden, nicht mich. Meine Lebenszeit ist zu kostbar. Ich hätte, sagte mir gerade ein netter Mensch, vielleicht nur noch knapp elftausend Tage zu leben. Soll ich diese endliche Ressource mit Umfrageausfüllorgien verplempern?

Nein. Denkt selbst, geehrte Produzenten. Ich kümmere mich lieber um meine eigenen Spielplätze.