Ach diese Aufregung! Die Marketing-Experten von Apple dürfen wieder einmal jubeln. Sie haben alles richtig gemacht. Die Sehnsucht nach dem neuen Flachbrettdatenanzeigegerät ist geweckt. War früher das Handy das Statussymbol für die technische Avantgarde, so ist das jetzt das iPad. Alle anderen Lesegeräte spielen automatisch in der zweiten Liga. Pech, aber so geht es eben Verlierern.

Muss ich also baldmöglichst aufrüsten? Was werden meine Kollegen, Auftraggeber oder Kunden sagen, wenn ich mich als einer bekenne, der keine Verwendung für solch ein Gerät hat? Bin ich dann auch ein Verlierer, ein Konservativer, ein Technikunverständiger, ein Neuzeitverweigerer?

Am Wochenende habe ich mich vor mein Bücherregal gestellt und mich gefragt: „Wie würde ich mich fühlen, wenn es alles das nicht gäbe, sondern nur so ein paar CDs oder eine kleine mobile Festplatte, die sich irgendwie mit meinem iPad verbinden lässt?

Ehrlich: Ich würde nichts anderes fühlen als das, was ich heute fühle, wenn ich eine externe Festplatte in die Hand nehme: normal nix. Sie ist halt da. Solange sie funktioniert, nehme ich es als Selbstverständlichkeit. Funktioniert sie nicht mehr, bekomme ich Panik und erinnere mich an Back-up-Strategien. Aber blöderweise hatte ich gewettet, dass mir niemals eine Festplatte kaputt gehen würde.

Zurück zum Buchregal. Ich ziehe ein Buch heraus über Moderationstechniken und die Art und Weise, wie man Besprechungen leiten soll. Kurzer Blick auf meinen Emotionspegel: kein Ausschlag. Das ist pure Information, iPad-tauglich.

Jetzt kommt der Bücher-Elch-Test: Buch auf Fußboden legen, aufklappen, auf einen Stuhl steigen, auf das Buch springen, es aufheben, Leseversuch starten: Es geht noch. Alle Seiten sind noch da. Einige sind etwas verknickt und angedreckt, aber Buchstabenschaden gibt es keinen zu beklagen. Elch-Test bestanden.

Jetzt das iPad: anmachen, auf Fußboden legen, auf den Stuhl steigen, springen … Halt!!!! Nein!!!!! – – – Zu spät, ein Knirschen und Knacken, Splitter. Aus. Elch-Test nicht bestanden!!!

Ich gebe zu: Den Bücher-Elch-Test mache ich nicht dauernd. Aber ich fahre mit meinem Auto ja auch nicht ständig um plötzlich auftauchende Elche herum und bin trotzdem froh, dass im Notfall das Kurvenmanöver gefahrlos bleibt.

Ich werde also Apple verklagen auf latenten Schadenersatz. Folgende Rechnung lege ich zugrunde: Nehmen wir mal an, ich hätte wirklich nur 5000 Bücher, und jedes Buch ist in 1 iPad drin, der in Deutschland 500 Euro kosten wird. Macht 2.500.000 Euro – richtig?

Für Zweieinhalb Mille baue ich mir ein Haus mit Bibliothek und kaufe noch fünfzig Bücher zum Draufspringen. Und 1 iPad, auf dem ich zukünftig echt italienischen Espresso serviere. Oder warum heißt der sonst Tablett-Rechner?