In Balad, der Altstadt von Jeddah. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Ein ungeheuerliches Geschrei drang aus den Straßen zu mir. Für meine europäischen Ohren musste es sich um eine Demonstration handeln von Leuten, die gegen irgendetwas entschlossen anbrüllen. Aber in Saudi-Arabien wird nicht demonstriert, gibt es keinen Volksaufstand. Getreu meinem Motto: „Wo etwas passiert, gehe hin“ folgte ich den Stimmen.
Auf einem Platz, an dem mehrere Straßen zusammenstoßen, die Bürgersteige sich verflüchtigten und alles voller Karren mit Obst und Gemüse stand, sammelten sich vielleicht sechs bis acht Kleinbusse. Sie standen am Straßenrand brav in einer Reihe. Nach einer mir nicht ersichtlichen Regel fuhr einer an, hielt halb auf der Straße, blockierte entspannt den nachfolgenden Verkehr. Der Fahrer beuge sich aus dem Fenster und schrie seinen Singsang. Mag sein, dass es arabische Worte sind, die ich als Europäer natürlich nicht verstand. Für mich war es Geschrei, und zwar lautes. Es hatte offensichtlich auch keinen strengen Zweck, denn die Fahrer machten sich einen Spaß daraus, sich gegenseitig zu übertönen. „Wlalalalalla wlalalala wlawlawlalalalalalalalalala“ oder so ähnlich riefen sie sich zu. Einige Menschen bestiegen den Bus, dann fuhr er ab, wohin auch immer.
Die Benutzung dieser Busse ist recht preiswert, es sind Centbeträge, die man zahlt. Man hat mir von deren Benutzung abgeraten. Ich weiß eigentlich nicht warum. Wahrscheinlich steht die Route nicht wirklich fest, die sie fahren. Mit Englisch könnte es bei der Verständigung schwierig werden. Doch ehrlich, Lust auf ein Mitfahren hätte ich schon.
Ansonsten ist es um den öffentlichen Nahverkehr in Jeddah schlecht bestellt. Es gibt ihn nicht wirklich. Ich sah noch einen roten Bus in einer Größenordnung, der den uns bekannten entspricht. Allerdings scheinen seine Fahrer etwas unkomplizierter als die in Deutschland zu sein. Mindestens fünf Personen stiegen im Abstand von drei, vier Metern noch zu, obwohl der Fahrer immer schon wieder die Tür geschlossen hatte. Doch energisches Klopfen erbarmte ihn jedes Mal.
In dieser Stadt hat man entweder sein eigenes Auto oder fährt Taxi. Als ich gestern von Balad zurück ins Hotel wollte, stieg ich bei einem Fahrer ein, der zwar beteuerte, er wisse, wo mein Hotel liege, doch ich traute ihm nicht. Ich habe inzwischen ein einigermaßen brauchbares Gespür dafür, ob sich Taxifahrer in der Stadt auskennen. Dieser freundliche Fahrer telefonierte zwar nahezu ununterbrochen mit seinem Handy, bekam wohl auch den einen oder anderen Tipp, wo er vielleicht langfahren könne, aber ansonsten sprach er fließend Arabisch. Ich konnte dafür prima Deutsch oder Englisch sprechen. Er schaute mich freundlich an und bog in die falsche Straße ein. „Dort sei mein Hotel“, sagte er gestenreich. Es war nicht mein Hotel.
Selbst einfachstes Englisch ließ ihn nur weiter freundlich lächeln. Also Gestensprache von meiner Seite und das Wort „Madinah-Road“. An dieser zentralen und ziemlich breiten Straße liegt mein Hotel. „Jaja“, zeigte er und fuhr los.
Ich wollte es ihm genauer erklären: Madinah-Road, dann kreuzen wir Tahlia-Road und dann kommt das Hotel. Alles klar? „Jaja.“
Er bog in die Tahlia-Road ein: Nein – na gut, geht auch. Zum Glück kenne ich mich aus. „Rechts reinfahren“, zeigte ich. Der Fahrer tat es. Dann sah er in der Ferne den Schriftzug meines Hotels. Sofort bog er wieder nach rechts ab. „Nein“, schriezeigte ich. „Geradeaus.“ Wenn man nämlich rechts abbiegt, kommt man nicht zum Hotel, sondern entfernt sich wieder. Er mogelte sich in die Geradeausspur. An einer T-Kreuzung zeigte ich nach rechts, dann links, hinter der Jeddah Internation Mall rechts auf den großen Parkplatz bis zum Ende durchfahren, dann wieder rechts und anhalten. DA ist das Hotel.
Ich habe große Sorge, dass er aus diesem Gewirr nicht wieder herausgefunden hat. Aber was soll es, er ist der Taxifahrer, nicht ich. Jedenfalls eigentlich.
Foto-Nachtrag zu Balad
Kaum ist die Gebetszeit vorbei, sind alle Händler wieder da. Säuberlich auf Decken ausgebreitet wird die Ware feilgeboten.
Frauen verkaufen genauso wie Männer ihre Waren. Der Alltag ist eben viel normaler, als wir es uns vorstellen.
Offener Schuhladen – also einfach im Vorbeigehen Schuhe einkaufen. Das wäre doch mal was, ihr lieben Frauen?
Fein säuberlin und ordentlich in Reihen gleich nebenan der Hutladen.
Der Muezzin ruft. In der ganzen Stadt werden die Läden geschlossen und die Menschen gehen zur Moschee.
Wer keine Rolltore hat, verhängt seine Ware mit großen Tüchern. Das geht alles schnell und unkompliziert. Schließlich gehört es zum Alltag.
Kaum ist die Gebetszeit vorbei, sind alle wieder da.