Versicherungsvertreter halte ich für Lügner, Banker für Betrüger und Finanzberater – na ja, irgendetwas dazwischen. Bis auf einen. Volker Looman. Er ist Finanzanalytiker in Reutlingen. Regelmäßig schreibt er in der FAZ über Vermögensfragen. Ihn liebe ich, wie man einen Autor lieben kann, den man persönlich gar nicht kennt. Aber warum? Was adelt diese Ausnahme?

Looman glaubt nur das, was er nachrechnen kann. Meistens widersprechen seine Ergebnisse eiskalt weitverbreiteten Lieblingsideologien in Sachen Geldanlage, Renditen und Vermögen. Zum Beispiel, dass sich Immobilienbesitz automatisch rentiert. Aber deswegen muss man Looman nicht lieben.

Am 1. Oktober 2011 erschien in der FAZ auf Seite 22 sein Artikel „Die richtigen Prioritäten für Berufsanfänger“. Er ist das Beste, was ich bisher zu diesem Thema gelesen habe. Kurz, knapp und ziemlich wirklichkeitsnah beschreibt er die Versuchungen eines jungen Mannes, der sein erstes Geld verdient – und damit sogleich in die Kredit- und Konsumfalle tappt. Wie kann das jungen Menschen  passieren? „… ihnen fehlt die schlichte Erfahrung, dass auf Dauer nur Geld ausgegeben werden kann, das zuvor verdient worden ist. Die Aufzeichnung von Einnahmen und Ausgaben ist völlig aus der Mode gekommen.“

Ja, schreit es in meiner Seele: JA. Diese beiden Sätze sind so unerträglich wahr. Sie gelten im persönlichen Leben wie in der großen Politik. Die Euro-Krise ist auch nichts anderes. Wir geben Geld aus, was wir nicht haben.

Loomans Hauptthese: Vermögen ist die Belohnung für Konsumverzicht. Wer Konsum über Kredite finanziert, hat dreifach verloren: 1. Er gibt Geld aus, was er nicht hat. 2. Er muss das geliehene Geld teuer bezahlen. 3. Er ist abhängig von regelmäßigen Einnahmen, um sich die Rückzahlungen leisten zu können. Ziemlich unverlockend, oder?

Seine Empfehlung Nummer eins: Keine Kredite. Nummer zwei: Kreditkarte vernichten. Das möge mal ein junger Mensch seinem Banker sagen, der ihm gerade diese Karte großherzig andient. Looman erklärt dann einiges über sinnvolle Versicherungen, über Bausparverträge und Aktien und überhaupt das Sparen. Das überspringe ich, denn ich möchte endlich zu dem Punkt kommen, warum ich Looman liebe.

 

Investieren in die eigene Ausbildung, damit man sich mit Leidenschaft seinem Beruf widmen kann. Das ist der wahre Vermögensaufbau.

He Leute, habt ihr das kapiert? Investieren in Leidenschaft, nicht in Aktien. Das sagt kein Luftschlossbastler, sondern ein Finanzanalytiker. Aus diesem Grund liebe ich Volker Looman. Sein Idealismus ist der wirkliche Realismus.

Nachsatz: Wenn ich Loomans Finanztipps beherzige, habe ich auch das Geld, die FAZ lesen zu können. Die FAZ refinanziert sich für mich durch die Artikel, die ich dort lese.

Nachtrag am 5.10.2011: Der Tag beginnt mit der Nachrticht, dass Steve Jobs gestorben ist. Seine Rede von 2005 vor Studenten des Standford University ergänzt diese Überlegungen von einer grundsätzlichen Seite her.

Steve Jobs‘ 2005 Stanford Commencement Address (with intro by President John Hennessy)
http://youtu.be/Hd_ptbiPoXM