Am 9. Juli 2014 wurde die Fotoausstellung „PresseFoto Hessen-Thüringen 2013“ in der Thüringer Landesvertretung in Berlin mit Reden, Musik und vielen interessierten Menschen anlassgemäß eröffnet. Ein schöner Ort für die Arbeiten der Fotojournalisten. Ihre besten Ergebnisse aus dem Jahr 2013 waren im vergangenen November gekürt worden und sind nun auf Wanderschaft, damit ein jeder sie sehen kann. Das ist doch eine gute Nachricht – oder nicht? Teil der Eröffnung in Berlin war eine Podiumsdiskussion mit dem fragenden Titel: „Ausgeknipst – warum Bildjournalismus Profis braucht“. Neben mir selbst sprachen Axel Häßler aus Hessen und Monika Plhal (stellv. Chefredakteurin epa). Doch das ist mir gerade nicht wichtig.

Anita Grasse, 1. Vorsitzende des DJV Thüringen bei ihrer engagierten Eröffnungsrede in Berlin.

Anita Grasse, 1. Vorsitzende des DJV Thüringen bei ihrer engagierten Eröffnungsrede in Berlin.

Spannend wird es nämlich, wenn man sich fragt: Was liefern eigentlich Profi-Fotografen als Journalisten? Und da war man sich irgendwie einig auf dem Podium und drumherum: spannende, einmalige Fotos – nein noch mehr: das besondere Foto. Das, was unsere verehrten Amateure und Liebhaberfotografen eben nicht schießen können? Wirklich nicht?

Sind nicht gerade sie es, die immerzu auf der Lauer liegen nach dem Unerwarteten, dem Überraschenden, dem Einmaligen? Sie sind es doch, die auf Motivsuche gehen, als Street-Fotografen den großen Vorbildern nacheifern wollen, die die künstlerische Latte so enorm hoch gehängt haben.

Und wenn wir ehrlich sind: Sie machen ihre Sache ganz gut. Wir Profis sollten uns keineswegs so überlegen fühlen, wie wir es gerne tun würden.

Nun gut, ganz ganz viele Fotos der Knipser und Kamerabenutzer sind wirklich langweilig, technisch miserabel und tatsächlich nur für den engeren privaten Gebrauch gedacht. Doch dort spielen sie ihre kleine Rolle gut und erfreuen Freunde und Verwandte. Das reicht ihnen denn auch. Das war schon immer so und ist nicht neu.

Wenn man sich in den einschlägigen Foto-Communities und den Wettbewerben umsieht, trifft man auf sehr viel anspruchsvollere Ergebnisse. Was da Natur- und Landschaftsfotografen liefern, verdient alle Hochachtung. Und auch im Studio- und Portraitbereich wird man erstaunliche Bilder finden.

Aber mal ehrlich: Ist das unsere Journalisten-Normalität? Sind wir Fotografen wirklich die, die ständig nach dem besonderen Blickwinkel lauern? Wollen das eigentlich die Medien? Nun gut, immer wieder mal ganz gerne – aber immer? Also täglich?

Ich behaupte: Nein, das will niemand und das würde auch ganz schnell ziemlich verkrampft werden. Der Bildjournalismus braucht Fotografen, die konsequent handwerklich arbeiten. Sie sollen die alltägliche Welt, mit der wir im Regelfall zu tun haben, anständig und ein wenig klug zeigen. Dazu zählt für mich in erster Linie, dass die Fotos immer technisch hervorragend sind: keine zugelaufenen Schatten, die Schärfe dort, wo der Blick hingelenkt werden soll, keine ausgerissenen Lichter, keine Gegenstände, die Menschen aus den Köpfen wachsen und so weiter. Also sauberes Handwerk.

Der Fotojournalist ist im Gegensatz zum begabten Amateur ein Meister des Belanglosen. Er trotzt auch der hundertsten Wiederholung von Händeschütteln, Scheckübergabe und Ehrung noch ein Quäntchen Eigenleben ab. Das wird ihm mal etwas besser, mal etwas weniger gut gelingen – aber nie misslingen. Denn auf ihn ist Verlass. Das ist nicht wenig. Die Ereignisse, zu denen er die Fotos liefern soll, sind selten wiederholbar. Er muss präsent sein, mit dem unpassenden Licht und dem engen Raum kämpfen, also all den vielen Bedrängnissen, die wir im täglichen Fotoalltag erleben.

Und dann, wenn wir vielleicht des Nachts unsere Ernte begutachten und noch einmal in Ruhe sichten, was wir am Tage eingesammelt haben, dann stellen wir fest: Donnerwetter, da ist ja auch ein Schatz dabei. Den, nur den werden wir in den Fotowettbewerb geben und hoffen, dass andere nicht wertvollere Schätze erbeutet haben.

Die Ausstellung „PresseFoto“ ist richtig, weil sie zeigt, dass Fotojournalisten ein Auge für das Besondere haben. Und sie ist falsch zugleich, weil sie nicht den Alltag repräsentiert, in dem wir arbeiten. Diesen Widerspruch genieße ich.