Der in Gotha noch amtierende Oberbürgermeister Knut Kreuch darf sich über die rechtsextreme Schützenhilfe für die OB-Stichwahl am 9. Juni 2024 freuen. Hat doch der Fraktionsvorsitzende der AfD im Stadtrat, Jens Fiedler, offen und klar seine Wahlempfehlung in der Thüringer Allgemeine ausgesprochen. Er ist für Kontinuität und Beständigkeit (= Kreuch) und gegen Experimente (OB-Kandidat Robert Luhn).

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Aus: Thüringer Allgemeine „Im Liveticker: Am Tag nach der Kommunalwahl im Kreis Gotha“. 27.5.2024, Internetausgabe. In der Printausgabe am 28.5.

Die Empfehlung ist in mancherlei Richtung heiß. Hat sich der AfD-Fiedler mit seinem Freund Björn Höcke dazu abgestimmt? Findet die Thüringer AfD-Spitze es auch wunderbar, dass ein SPD-Kandidat von der AfD empfohlen wird? Musste nicht bisher immer die CDU klarstellen, dass sie nicht mit der gesichert rechtsextremen Partei zusammenarbeitet? Und jetzt die SPD? Ist die harte Auseinandersetzung der AfD in der letzten Stadtratssitzung mit den sogenannten Altparteien und auch Knut Kreuch vergessen? Hat man sich vielleicht sogar hinter den Kulissen abgestimmt in trauter Karaokerunde? Der stets unverbindlich-freundliche Herr Fiedler lehnt sich entspannt zurück und sieht mal wieder zu, wie andere nach seiner Pfeife, also der Pfeife der AfD, tanzen.

Schauen wir auf die andere Seite. Was sagt OB Kreuch zu dieser Wahlunterstützung? Bislang (29.5.2024 11 Uhr) ist mir kein Entsetzen zu Ohren gekommen. Kein Kommentar. Keine Erregung. Auf seiner Facebookseite bleibt die Empfehlung unerwähnt. Natürlich. Wenn er die Stimmen der AfD hinzugewinnt, ist ihm der Sieg in der Stichwahl kaum zu nehmen. Die klammheimliche Freude spüre ich körperlich.

OB in Gotha mit der aktiven Unterstützung der AfD gewählt

Will er wirklich diese Schlagzeile? Findet eine SPD in Thüringen, die sowieso an vielen Fronten kämpft, das witzig? Warum gibt es nicht eine einzige Person, die aufsteht und sagt: „Vielen Dank auch, Herr Fiedler. Ihre Unterstützung wollen wir nicht. Wir sind Demokraten. Wir nehmen Wahlempfehlungen von einer gesichert rechtsextremen Partei nicht an. Uns widert der antidemokratische Kurs ihrer Partei an. Machen sie, was sie wollen, aber halten sie uns da raus.“ So oder so ähnlich, aber mit klarer Position.

Die Realität: Schweigen im SPD-Wald. Alle ducken sich feige weg. Genießen heimlich die Unterstützung. Was sind das für Genossen? Was ist das für eine Anbiederei? Wie eklig und verräterisch den eigenen Grundsätzen gegenüber ist das? Verdammt, sollte der alte Spruch doch stimmen: „Wer hat euch verraten? Sozialdemokraten.“?

Die AfD freut sich über die vielen Sitze im Stadtrat. Ich bin entsetzt. In den letzten fünf Jahren haben sie nichts, wirklich nichts abgeliefert. Haben brav alles abgenickt, was aus der Verwaltung kam. Das ist natürlich praktisch für die Verwaltung und auch für den OB. Ab und zu mal ein paar kleine Anträge, handwerklich schlecht gemacht, das war es. Und immer willfährig mit den Altparteien gestimmt. Ich habe es selbst in einem Ausschuss miterlebt.

Mit dieser offenen Wahlempfehlung haben sie den Oberbürgermeister fest in die Hand bekommen. „Erinnerst du dich noch an unsere Wahlempfehlung? Weißt du noch, wer dir den Einzug in die vierte Amtsperiode ermöglicht hat?“ Ich höre schon das Flüstern vor den Abstimmungen. Wer sich mit der AfD gemein macht, hat verloren.

Und ich höre schon die Empörung über meine Vermutungen, die natürlich nur böse Unterstellungen seien. Nein nein, der OB sei frei und unabhängig.

Doch das zu beweisen hat er bis zum 9.6. Zeit. Oder genauer: Er muss jetzt und sofort Position beziehen. Die SPD in Gotha, ihr Fraktionsvorsitzender, die Landtags-SPD, sie alle müssen aufstehen und klar verkünden: Nein, eine AfD-Empfehlung ist widerlich. Ansonsten bleibe ich bei meiner hoffentlich haltlosen Aussage: Ein neuer alter Oberbürgermeister von AfDs Gnaden.

Fazit: Eine Empfehlung kann man nicht verhindern – aber für die Reaktion darauf ist jeder selbst verantwortlich.

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Nachtrag und nur zur Klarstellung. Diesen Kommentar verantwortet nur eine Person: ich. Es gibt dafür keinen Auftraggeber; niemanden, mit dem ich mich darüber abgestimmt habe; keinen, der mitgeredet hätte. Ich habe auch niemanden gefragt. Natürlich nicht. Es gibt nur eines, was mich immer noch erschreckt: das Schweigen.