Glanz und Schwierigkeiten der Vereinigten Arabischen Staaten symbolisiert das höchste Gebäude der Welt, der Burj Khalifa in Dubai. Es ist 830 Meter hoch, die Aussichtsplattform im 124. Stockwerk liegt 452 Meter hoch. Damit stellt dieser elegante Turm alle anderen Gebäude dieser Welt in den Schatten. Doch in Jeddah in Saudi-Arabien arbeitet man gerade daran, den Rekord zu brechen: Dort wächst bereits ein Bauwerk von über eintausend Meter Höhe heran.

Doch ist das nicht alles nur Protz und Trotz? Muss man sich das wirklich anschauen?

Ich habe mir einen ganzen Nachmittag Zeit genommen für den Burj Khalifa und den Stadtteil, der darum herum gebaut worden ist und zum Teil auch noch entsteht. Es ist ein faszinierendes, widersprüchliches, aufregendes und sicher auch an manchen Stellen überschönes Areal. Aber wie immer man urteilen möge, eines ist sicher: Geschmack und Sinn für Wirkung, Gestaltung und Attraktivität haben die Bauherrn und Architekten hier auf jedem Quadratmeter bewiesen.

Die Fakten zur Entstehung, der Baugeschichte und der Nutzung will ich hier nicht wiederholen. Sie sind hinreichend im Internet nachzulesen. Meine Frage war vielmehr: Wie geht es mir mit diesem Gebäude und der riesigen Dubai Mall, die sich daran anschließt?

Von der Metrostation „Burj Khalifa – Dubai Mall“ sind es etwa 500 Meter. Noch ist der Weg nicht besonders attraktiv. An Bauzäunen vorbei wirkt er improvisiert und unbedacht. Doch wie ich sehe, soll sich das bald ändern. Man baut an einer Bahn, die die Metro und die Mall verbindet. Die Stützen dafür sind zum großen Teil fertig. Also ist es nur eine Frage der Zeit. wann der Fußweg überflüssig wird. Hätte mich auch gewundert, wenn man in Dubai Besuchern einen Fußweg zugemutet hätte.

Zum Glück hatte ich mir das Ticket zur Turmbesteigung bereits per Internet gekauft. Ein Spontanbesuch dürfte selten gelingen, oft ist das Kartenkontingent schon Tage vorher ausverkauft.

Durch schmale, dunkle Gänge mit matt leuchtenden Wandbildern wird der Besucher auf gewundenen Wegen zu den beiden Fahrstühlen geleitet. Alles wirkt inszeniert. Lichterbänder setzen Akzente, der Fahrstuhl saust mit einem Farbenspiel in die Höhe. Dann tritt man in den großen Vorraum. Die Fenster reichen bis zum Boden. Wer sich nahe daran stellt, kann senkrecht herabsehen. Toll. Mir wird nicht schwindelig.

Auf der einen Seite der Etage kann man ins Freie treten. Wie dankbar bin ich den Erbauern, dass sie an die Fotografen gedacht haben. In der Glasfassade gibt es doch tatsächlich Lücken, die einen ungehinderten Blick in die Ferne erlauben. Keine störenden Reflexe, keine verschmierten Scheiben, keine matten Stellen, die später auf den Fotos störende Flecken bilden. Nochmals danke, ihr lieben Erbauer.

Schnell drehe ich eine erste Runde. Ich bin überwältigt vom Anblick, der sich mir bietet. Die Häuser um den Burj Khalifa sind auch nicht klein – aber von hier aus wird alles zum Spielzeug. Auf der einen Seite sehe ich eine Wasseranlage, umsäumt von kleingliedriger Bebauung. Es sieht wie ein Palast aus – und ist auch einer, wenn auch wohl nur vom Namen her. Ich habe ihn mir später genauestens angeschaut.

Weit in die Ferne kann man nicht schauen. Zu viel Dunst behindert den Blick. Das berühmte Hotel Burj al Arab kann ich nur erahnen.

Dubai ist in den letzten Jahren rasant gewachsen. Überall gibt es Bereiche, in denen Hochhäuser dicht an dicht stehen. „Business follows buildings“, war die Maxime. Also erst einmal Büros und Wohnungen bauen, dann werden die Investoren und Mitarbeiter auch kommen. Dieses Konzept war anfangs erfolgreich. Dann kam die weltweite Finanzkrise und Dubai geriet an den Rand des Ruins. Auch der Burj Khalifa wurde in Mitleidenschaft gezogen. Es war gar nicht mehr sicher, dass die benötigte Bausumme von 1 Milliarde Euro aufgebracht werden kann. Der Herrscher aus Abu Dhabi hat dann großzügig Dubai unterstützt. Zu seinen Ehren wurde der Burj mit seinem Namen versehen. Eine nette Geste unter Geschäftsleuten.

Von hier oben sieht man aber auch manch anderes Bauvorhaben, das über die Anfangsarbeiten nicht herausgekommen ist. Die Dubai World sollte ein Ensemble von künstlichen Inseln werden, die prunkvoll bebaut werden. Außer Sand ist nicht viel zu sehen. Auch der Creek, ein ungefähr zwölf Kilometer langer Meeresarm, sollte an seinem Ende erweitert und als Parklandschaft ausgebaut werden. Gebaggert hat man wohl, doch von Park und Bebauung ist nichts zu sehen. Auch die zweite und insbesondere die dritte Palmeninsel sollten längst fertig sein und 750 000 Menschen Wohnung und Arbeitsplätze bieten. Außer Sand und Wasser ist aber noch nicht viel daraus geworden.

Dubai hat zurzeit etwa 1,5 Millionen Einwohnen. Vor vier, fünf Jahren waren es ungefähr 400 000 mehr. Inzwischen stabilisiert sich die Lage. Das liegt auch daran, dass man alles dafür tut, um den Tourismus zu entwickeln. Vorzügliche Hotels, eine bestens organisierte Infrastruktur mit einem funktionierenden öffentlichen Verkehrsnetz sind dafür gute Voraussetzungen.

Ich habe mich von dort oben kaum sattsehen können. Immer wieder habe ich die Runde gemacht, immer wieder Neues entdeckt. Irgendwann war es genug, ich wollte wissen, wie es rund um den Palast aussieht.

Und das ist für mich die eigentliche Entdeckung. Der Turm ist nur die eine, vielleicht bekannteste Sache. Aber er ist eingebunden in einen neu gebauten Stadtteil, der in jeder Hinsicht auf ihn Bezug nimmt, darauf abgestimmt ist und die nötigen Kontraste schafft.

Dubai Downtown ist im Stil der traditionellen arabischen Bauweise errichtet. Natürlich ist alles neu gebaut worden, aber die Verschachtelung der Bauten, die vielen kleinen Wege, Seen, Gewässer, Stege und Brücken, Treppen und Durchgänge, Tore und Bögen sind von einer solchen Vielgestaltigkeit, dass ich aus dem Staunen kaum herauskam. Am Rande des Areals stehen schlanke Hochhäuser, zum Teil noch im Bau. Dazu großzügige Promenaden, Wiesen, Galerien und schlanke Podeste, die zum Sitzen einladen. Das wird von den vielen Menschen, die sich bis zum Einbruch der Dunkelheit gegen 18.30 Uhr hier eingefunden haben, intensiv genutzt. Multikulti in höchsten Maße, alles friedlich, bunt gemischt, von traditionell arabisch bis westlich modern. Die schöne Damenwelt scheint sich hier ein Stelldichein zu geben.

Um 18 Uhr starten die Fontänen. Aus hunderten von beweglichen Rohren werden Wasserströme gen Himmel geschickt, sorgsam choreographiert zu unterschiedlichster Musik. Auch hier geht es wieder liberal zu: von arabischen Tänzen bis zur Popmusik. Nachts steigern Schweinwerfer die dramatische Wirkung. Wie gut, dass meine Kamera schnelle Bildfolgen beherrscht. Die Besitzer von Kompaktknipsen schauten immer wieder verzweifelt auf die kleinen Bildschirme. Zu unähnlich war das Fotografierte dem gerade Gesehenen.

Zwischendurch drehte ich ein paar Runden durch die Dubai Mall. Etwa 600 Geschäfte bieten alles, was teuer, gut oder kostbar ist. Alle Modemarken führen hier eigene Geschäfte. Dazu eine Vielzahl von Restaurants unterschiedlichster Art. Alles nicht ganz billig, doch immer sehr gediegen und ansprechend.

Nach acht Stunden konnte ich nicht mehr. Meine Augen waren satt, die Beine müde, den Hunger hatte ich vergessen. Essen? Ach ja, hätte ich ja auch noch machen können.

Den Weg zurück zur Metrostation bin ich mit dem Taxi gefahren. Für umgerechnet 3,25 Euro gerade noch im Rahmen meines Budgets.

Alle Fotos zum Burj Khalifa gibt es in meinem Facebook-Album unter
https://www.facebook.com/media/set/?set=a.3505769402017.2139517.1205239746&type=1&l=e43ca4afe9