In den letzten Wochen konnten Fernsehzuschauer und Casting-Begeisterte zwei höchst unterschiedliche Kommunikationsformate erleben: Zum einen war da Stefan Raab mit seiner Show, die den Kandidaten für den Eurovision Song Contest in Oslo suchte und inzwischen fand. Auf der anderen Seite steht Dieter Bohlen, der in der wievielten Staffel von DSDS auch immer wieder einmal einen Superstar sucht.

Und was bitte hat das in diesem Blog zu suchen? Interessiert das jemanden?

Für mich ist die Frage: Mit welchem Kommunikationsstil findet man Höchstleistungen?

Schauen wir auf Stefan Raab. In seiner Sendung „tv total“ profiliert er sich hauptsächlich über Schadenfreude, bissige Bemerkungen und dem Versuch, andere Menschen in einer möglichst peinliche Situation zu zeigen. Nur gelegentlich trifft er auf ebenbürtige Gesprächspartner, also solche, die ebenso schlagfertig wie skrupellos plaudern. Dann jedoch wird die Sendung noch langweiliger. Raab braucht die Überlegenheit, um witzig zu sein.

Bei der Oslo-Suche zeigte er sich dagegen fast immer von der seriösen Seite. Manchmal wirkte er schon fast schüchtern. Nicht dass er freche Bemerkungen völlig vermied. Aber das Ätzende und Herablassende brach nicht hervor. Er freute sich an der Leistung der Sängerinnen und Sänger, sprach wohlwollend und lobend.

Was macht dagegen Dieter-Sucht-Den-Superstar Bohlen? Der Mann hat einen absoluten Riecher für Populismus. Mit seiner eigenen Musik und der, die er produzierte, wurde er ziemlich reich. Das ist eine Leistung, die man durchaus anerkennen sollte. Die meisten Menschen träumen nämlich nur vom Reichtum. Dafür arbeiten wollen sie lieber nicht.

Bohlen spürt präzise, wie er bei DSDS die deutsche Seele maximal treffen, vielleicht auch verletzen kann mit blöden Sprüchen und herabsetzenden Bemerkungen. Er hat keinerlei Scheu, einem schlechten Sänger knallhart ins Gesicht zu sagen, dass er eine peinliche Figur sei ohne Stimme. Zieht man mal das Zotige ab, dann ist das wieder eine Eigenschaft, die manchen Menschen sehr gut täte: offen und ehrlich gesagt zu bekommen, dass sie nichts abliefern außer peinliche Selbstüberschätzung.

Ist also Bohlen in Wahrheit ein prächtiger Typ, der nur nicht immer die Höflichkeitsebene nutzt, auf der wir uns im Alltag bequem eingerichtet haben? Bohlen der Wahrheitensager?

Egal. – Lieb oder bissig? Begeistert oder knallhart? Was erreichen Raab und Bohlen mit ihrer Kommunikationsart? DSDS hat eine ganze Reihe von Stars geschaffen, die kaum einer mehr erinnert. Nur Bohlen, den kennt jeder. Raab muss noch beweisen, dass seine Lena in Oslo erfolgreich ist. Erst dann wissen wir, ob die Konzentration auf die Musik (Raab) und nicht auf das Aussehen der Kandidaten (Bohlen) erfolgreicher ist, also wahre Leistung hervorbringt.

Was passiert, wenn wir diese Alternative in die berufliche Kommunikation übertragen? Brauchen Unternehmen den Raab-Chef oder den Bohlen-Chef? Oder beide? Oder gibt es vielleicht noch ganz andere Wege? Also respektvoll und wertschätzend miteinander sprechen und dabei zugleich klar, offen, direkt und ehrlich?

Vielleicht wäre das mal ein Versuch wert.