„… dass alle, die sich eingehender mit den Büchern Arno Schmidts beschäftigen, eine Anzahl von Zitaten, Anspielungen und Querverweisen entdeckt haben und diese Funde erfreut horten, aber auch eifersüchtig hüten.“

Nein, ich habe mich nicht verschrieben. Ich rede nicht von Herrn zu Guttenberg, sondern von dem Schriftsteller Arno Schmidt, dessen bekanntestes und zugleich am seltensten gelesenes Buch „Zettels Traum“ heißt. Um es zu dechiffrieren, also in seinen Mikrostrukturen zu verstehen, machten sich 1970/71 eine Reihe von Wissenschaftlern und Schmidt-Begeisterte daran, die darin in Fülle vorhandenen Zitate und Anspielungen aufzudecken, in ihren Bezügen zur Handlung zu verstehen und schließlich auszuwerten, was sie für die Literatur und damit für den Leser erbringen.

Man gründete dazu die Zeitschrift  „Bargfelder Boten“, damals noch ganz ohne Computer und Internet, in dem alle Funde säuberlich veröffentlicht wurden.

Für die Schmidt-Leser war das eine prächtige Dienstleistung. Endlich konnte man den angeblich so schwierigen Autor verstehen, bekam dazu häppchenweise Handreichungen und war nebenbei auch noch glücklich, zur ausgewählten Lesergemeinde zählen zu dürfen. (Ja, ich bin seit der ersten Ausgabe des BB dabei und bleibe es auch.)

Und was hat das mit zu Guttenberg zu tun? Die Aufregung über seine Veröffentlichung verstehe ich gar nicht. Als geübter Schmidt-Leser kann ich das Verfahren der Anspielung und der verborgenen Querverweise nicht nur verstehen, sondern auch genießen. Als Literaturfreund würde ich fragen: Welchen Subtext erzählen die Zitate, die versteckten Quellen? Zu Guttenberg hat eine juristische Arbeit vorgelegt, die zugleich zeigt, dass unser Recht offenbar auf der brillanten Leistung der Journalisten ruht. Große Zeitungen waren es wert, zitiert zu werden. Aber natürlich nicht platt und öffentlich, sondern versteckt. Der Leser sollte findig vorgehen, sollte fündig werden können, Entdecker spielen und am Ende sich fragen: Welche Art der Zwiesprache halten Oberflächentext und kryptischer Text, also die so verschlungen angezapften Quellen?

Es gibt dabei nur ein ganz großes Problem: zu Guttenberg hat seine Arbeit als Dissertation ausgewiesen. Er hätte sie „Roman“ nenne sollen, vielleicht mit dem Titel „Zettels Alptraum“.

Aber ob die Literaturwissenschaftlicher gnädiger mit ihrem Urteil gewesen wären? Das Vorbild Arno Schmidt ist auch für einen zu Guttenberg nicht leicht zu überbieten.