Brillantes Artistentheater mit dem Circus Uusi Maailma

Sie hängen an Stangen wie alte Säcke. Kopfüber der eine, ein anderer im Schneidersitz wie ein Buddha. Die Bühne ist finster, nur ein paar Lichtpunkte setzen Akzente, erhellen ein Gesicht, eine erstarrte Artistin in einem Eisenreifen. Der finnische Circus Uusi Maailma ist im Perthes-Saal des Gothaer „Londoner“ angekommen.

Das Programm „Globally wanted“ ist aber weit mehr als circensische Leistung. Von den sechs jungen Artistinnen und Artisten wird eine surreale Geschichte serviert, die vom ersten Augenblick an die Zuschauer in den Bann schlägt.

Wer von den Akteuren gerade noch irgendwo herabhing, taumelt und trudelt plötzlich Stangen herauf und herunter, kugelt sich am Boden zusammen, springt auf und reißt andere mit sich. Schon geht es wieder empor, verschrauben sich Leiber, begegnen, helfen einander. Doch halt: Nicht alle sind so freundlich. Da reißt der eine dem anderen das Bein weg, spannt das Mädchen aus oder jagt ihn davon. Wenn da nur nicht der eine mit den beiden gestreckten Zeigefingern wäre! Er bohrt sie von Anfang bis Ende so penetrant ins Licht, als wolle er die ganze Welt damit erstechen.

Als Spiel- und Aktionsplatz dient den Akteuren ein Quader aus schwarzen Eisenstangen. Dazu eine Schaukel und ein Seil, in das sich kunstvoll verschlungen wird, um daran hinaufzurollen oder abzustürzen. Alle sind aufs tödlichste ernst, erschreckt, geschockt – dann wieder zusammengefallen hingekauert bis zum nächsten Energieausbruch.

Die finnischen Bewegungs- und Akrobatikkünstler nutzen die artistischen Elemente, um etwas zu erzählen. Ihre Kunst ist nicht Selbstzweck, ihre Körperbeherrschung soll nicht bewundert oder beklatscht werden. Sie gibt vielmehr die Bewegung vor, der man sich mit staunenden Augen anschließen möge. Diese Artistik hat einen erzählerischen Auftrag, der im Kopf des Zuschauers startet. Jede noch so kleine Bewegung ist verknüpft mit anderen, ist Antwort oder Herausforderung, gibt eine Richtung vor oder setzt einen markanten Schlusspunkt.

Staunen, Erschrecken und Freude über diesen Auftritt. Das ist brillantes Artistentheater, hinreißend vorgetragen und mit langem Beifall belohnt. Die Truppe würde gerne wieder kommen: hoffentlich schon bald. Der Zusammenarbeit vom art der stadt e.v. gotha und der Theaterscheune Teutleben ist dieses beglückende Ereignis zu verdanken.

Mehr Fotos von der Aufführung in meinem Facebook-Album.