Eigentlich schien unsere Idee nicht schlecht zu sein: Wir nutzen den freien Montag für einen Ausflug ins Meeresaquarium nach Zella-Mehlis – für Nicht-Thüringer: Der Ort liegt unterhalb von Oberhof so ziemlich mitten im Thüringer Wald.

Doch um das Aquarium soll es hier nicht gehen: Es ist prima, macht Spaß, wirkt gepflegt und hat offenbar engagierte Mitarbeiter oder eine ebensolche Leitung. Ein riesiges Haibecken erstaunt genauso wie die vielen Krokodile, die in der Sonne dösten.

Unser Fehler: Wir wollten in Zella-Mehlis etwas essen. Nun gut, es war Montag. Montags geht man nicht essen. Schon gar nicht in Zella-Mehlis. Und auf keinen Fall um die Mittagszeit. Am Ende landeten wir im Aquariumsrestaurant. Die Speisekarte ist die liebloseste, die ich seit langem gesehen habe. Offenbar konsequent auf Tiefkühlkost abgestellt, einschließlich des Kuchens. Ihm beigesetzt sind Geschmacksverstärker, was ich in Kuchen noch nie gesehen habe. Auch sonst war man bei den Zusatzstoffen nicht kleinlich. Keine Speise schien frisch zu sein, alles ist aufgewärmt und erhitzt. Die Bedienung reduzierte ihre Kommunikation auf das Mindestmaß weit unter der Anstandsgrenze.

Zu gerne wäre ich in diesem Moment Restauranttester gewesen: Mein Verriss wäre hart, schmerzhaft und entschlossen gewesen. Dass der Charme des Lokals trotz Renovierung DDR-Geschmack nicht verleugnen konnte, sei nur am Rande erwähnt.

Wir begnügten uns mit Kartoffelpuffern mit Apfelmus (Kinderportion), denn dieses Gericht hatte nur einen Zusatzstoff. Die Durchschnittsanzahl lag bei gefühlten vier bis sechs.

Hai im Meeresaquarium in Zella-Mehlis

Am Nachmittag zurück nach Oberhof: Die Lust auf Thüringer Küche aus der Tiefkühltruhe war uns vergangen. Also italienisch essen. Oberhof – der Touristenort Nummer eins im Thüringer Wald. Doch halt: Es ist Montag. Beide Italiener haben geschlossen. Ruhetag. Montags wird nicht gegessen, auch nicht italienisch.

Wir finden ein Café: „hausgemachte Kuchen“ steht groß auf dem Schild davor. Das überzeugt uns. Es sieht nett aus, ist modern und gemütlich. Dem freundlichen Kellner teilen wir schon beim Eintreten mit, wie glücklich wir über seinen Kuchen seien. Keine Zusatzstoffe, keine Gefriertruhe: frisch und hausgemacht. Er zeigt bedauernd auf die Theke: leer. Drei unvermutet eingetroffene Reisebusse hätten verputzt, was hausgemacht war.

Bei einem Krimi im Privatfernsehen würde jetzt der Werbeblock starten, jetzt, wenn es spannend wird. Was wird der Kellner also sagen? „Nix da, nix geht, wer zu spät kommt“, und so weiter.

Doch halt! Dieser Kellner, Herr Braun laut Kassenbon, war anders. Er offerierte uns charmant und korrekt, was es sonst noch zur Kaffeestunde geben könnte. Bot uns selbstgemachte Waffeln oder Pfannkuchen an und fragte nach unseren Wünschen. Kaum saßen wir, eröffnete er, dass die Köchin gerade Pflaumenkuchen für den Folgetag aus dem Ofen gezogen hätte. Diesen, noch warm, könne er bringen.

Wir waren wie vom Blitz getroffen: Ein Kellner, der mit uns redet. Der fragt, mitdenkt, freundlich und höflich ist. Der sich um uns kümmert – der wirklich will, dass wir uns wohl fühlen. Und wir haben uns wohl gefühlt.

Fazit des Restauranttesters: Ins „Vergißmeinnicht“ in Oberhof kann man guten Gewissens gehen. Die Speisen schmeckten lecker, waren frisch zubereitet und sahen appetitlich aus. Wir kommen wieder, versprochen.

Fazit des Montags-Touristen: Bleibt zu Hause oder fahrt, wenn schon Thüringer Wald, dann wenigstens ins „Vergißmeinnicht“.

Hotel und Restaurant "Vergißmeinnicht" in Oberhof

Hotel und Restaurant "Vergißmeinnicht" in Oberhof